Beweidungsprojekt Thürer Wiesen
Mit dem Beginn des Zaunbaues wurde zwischenzeitlich der Startschuss für das Beweidungsprojekt in den Thürer Wiesen gegeben. Die Arbeiten dauern an. Im Frühjahr sollen dann die Tiere, es handelt sich hierbei um Murnau-Werdenfelser-Rinder, auf die Wiesen verbracht werden.
16.03.2015
Das Beweidungsprojekt Thürer Wiesen
vorgestellt von Landwirt Winfried Berresheim
Die Natur ist nie statisch. Alles ist immer in Veränderung. Der Mensch wird dies nie in Gänze aufhalten können, da seine Ressourcen beschränkt sind. All dies können wir bei unseren Kulturlandschaften, egal welcher Form, immer beobachten. Ein besonderes Beispiel dafür finden wir in unserer unmittelbar Nähe: den Thürer Wiesen.
Sie waren über viele Jahre ein Feuchtgebiet, welches aber auch der Gewinnung von Futter diente. Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurde der darin verlaufende Bach begradigt und die Flächen trockengelegt, um die Futterversorgung für die Tiere der Thürer Landwirte zu verbessern. Bereits 10 Jahre später hat sich jedoch gezeigt, dass ein großer Aufwand erforderlich ist, um eine landwirtschaftliche Nutzung weiterhin zu ermöglichen. Einhergehend mit den Strukturänderungen in der Landwirtschaft sowie Änderungen in der Wassergesetzgebung hat sich dann gezeigt, dass dies betriebswirtschaftlich nur wenig Sinn macht bzw. die erforderlichen ständigen Eingriffe in den Bach nicht mehr zulässig sind.
Viele Eigentümer haben ihre Fläche an die Verbandsgemeinde Mendig, den NABU sowie an die Ortsgemeinde Thür verkauft. Die Flächen wurden renaturiert. Auch hierbei hat sich gezeigt, dass die Kräfte der Natur (Sukzession) größer sind und nicht immer die Bahn einnehmen, die wir Menschen uns wünschen. Aus den Feuchtwiesen wurde ein Sumpf und aufgrund des fehlenden Mähens oder Beweidung haben mehrjährige Pflanzen (Bäume, Sträucher, Stauden) überhand genommen, so dass viele Tiere nicht mehr die Lebensräume vorfinden, die im Rahmen der Renaturierung gewünscht waren.
Eine Möglichkeit, diese Entwicklung zu korrigieren, besteht in einer extensiven Beweidung dieser Flächen. Hier gab es seit 2013 Gespräche zwischen den Eigentümern, den zuständigen Behörden und Privatpersonen, um diesen Gedanken zu realisieren. Alle Anforderungen und vielen Fragen, um ein solches Vorhaben zu realisieren, konnten zwischenzeitlich geklärt werden. Im Frühjahr 2015 soll nunmehr eine Fläche von ca. 15 ha eingezäunt und mit Rindern beweidet werden.
Vorgesehen sind Rinder der alten bayrischen Rasse Murnau-Werdenfelser. Hierbei handelt es sich um eine mittlerweile sehr seltene Rinderrasse, die auch auf der Roten Liste für Nutztiere zu finden ist. Warum diese Rasse: Die Eigenschaften, die zu ihrem starken Rückgang führten, die geringere Fleisch- und Milchleistung, sind bei diesem Projekt ein Vorteil. Diese Tier fressen, aufgrund ihres Kernzuchtgebietes in den bayrischen Alpen mit Moor- und Sumpfgebieten, auch Gräser und Pflanzen, die die heutigen Hochleistungsrassen nicht verwerten können. Diese Eigenschaften konnten sie schon bei einigen Naturschutzprojekten in Bayern (z.B. Beweidung der Pupplinger Au an der Isar - leicht im Internet, auch als Fernsehbeiträge zu finden) unter Beweis stellen.
Alle Beteiligten sind guter Dinge, dass sie bei einem entsprechenden Weidemanagement die Vegetation zurückdrängen, die aus Sicht des Naturschutzes nicht gewünscht ist und somit die Flora wieder ihren Raum erhält, die für die Thürer Wiesen typisch war. Natürlich handelt es sich auch hierbei um einen Eingriff in die Natur, von dem wir nicht im vollen Umfang wissen können, wie das Endstadium sein wird. So ist z.B., trotz Einzäunung, eine Bejagung durch den Jagdpächter von allen Beteiligten gewünscht. Welcher Einfluss das Projekt auf den Wildbestand und seine Bewegungen haben wird, kann natürlich nicht vorausgesagt werden.
Das Projekt ist erst einmal auf fünf Jahre angelegt. Wichtig für den Erfolg werden dabei auch zwei „menschliche“ Faktoren“ sein: Wird das Projekt von der Bevölkerung, Wanderern, usw., akzeptiert oder gibt es Störer, die z.B. die Zaunanlage beschädigen oder die Tiere misshandeln? Gibt es einen Markt für diese Tiere, um neben den öffentlichen Mitteln auch über diesen Einnahmeweg die Kosten zu decken? Wir alle sind optimistisch, dass dieses „Experiment“ zu einem positiven Ergebnis führt. Mit Sicherheit werden diese Tiere die Aufmerksamkeit der vielen Naturfreunde, Wanderer und Erholungssuchenden, die die Thürer Wiesen Tag für Tag aufsuchen, auf sich ziehen.
Winfried Berresheim